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„Wir teilen vieles. So sollten wir auch unser Wissen behandeln.“

DigitalisierungStory

Lernende Organisationen unterscheiden sich von anderen Unternehmen vor allem durch ihren offenen Umgang mit Wissen. Im Interview spricht Andreas Plaul, CIO der Haufe Group, über Wissensmanagement im Unternehmen. Und welche Rolle dabei die IT spielt.

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Andreas Plaul, Sie beschäftigen sich nicht nur mit klassischen IT-Themen, sondern auch mit neuen Fragen. Worum geht es Ihnen beim Wissensmanagement?


Wir betrachten das Thema unter zwei wesentlichen Aspekten. Zum einen fragen wir uns, wie das Unternehmen beim Wissensmanagement gesamt aufgestellt ist. Welche Unterstützung wir anbieten. Welche Tools wir haben. Wo unser Wissen zuhause ist und wie wir es zugänglich machen. Zum anderen interessieren wir uns für die Entwicklungs- und Lebensreise der Mitarbeitenden. In ihren aktuellen und auch kommenden Aufgaben eignen sie sich immer mehr Wissen an und teilen es für gemeinsame Aufgaben im Team.

Oft sprechen wir in dem Kontext von Wissensinseln. Was können wir uns darunter vorstellen?

Als Konsumenten sind wir gewöhnt, unsere Fragen in ein einziges Suchfeld einzutippen. Wo das Wissen liegt, ist uns dabei eigentlich egal. So ist unser Unternehmen - wie viele andere – aber noch nicht aufgestellt. Wir haben Expertinnen und Experten mit Wissen zu verschiedenen Themenfeldern und Kontexten. Das Wissen befindet sich oft unstrukturiert oder nicht ausformuliert in Wikis, Datenbanken, Tickets oder eben auch in den Köpfen. Während ein Team sein Wissen in Tool A sammelt und aufbereitet, macht ein anderes Team das mit Tool B. Auch wenn beide Teams direkt nebeneinander arbeiten, entstehen so zwei Inseln, die nicht gemeinsam zugänglich sind.

Wie zentral oder dezentral sollte Wissen zugänglich sein?

Wissen liegt nicht an einem Ort, es liegt an vielen Orten. Der Versuch, Wissen an einem einzigen Ort zu konsolidieren, ist schon zehnmal gescheitert. Es geht also nicht um zentral oder dezentral, sondern um Verknüpfung und wie diese Wissensorte über eine gemeinsame Herangehensweise durchsuchbar werden. Wissensinseln und föderativ verteiltes Wissen wollen wir zentral zugänglich machen, ohne diese zu zentralisieren.

Welche Tools stellen Sie Ihren Mitarbeitenden bei der Haufe Group zur Verfügung?

Wir haben einen Blumenstrauß von breit genutzten Tools. Dazu gehören die Microsoft Teams -Landschaften, Wiki, Jira und SharePoint. Wir verwenden aber auch Whitebooarding-Tools wie Miro, Konzeptionierungstools aus dem Designoffice und auch Tools für die Prozessmodellierung. Das sind alles Orte des Wissens. Ein weiterer großer Wissensort ist außerdem unser Service Portal von ServiceNow, wo alles zu finden ist, was die Mitarbeitenden für ihre täglichen Arbeit benötigen.

Im Alltag fragen sich Mitarbeitende oft, welche Dokumente noch aktuell sind und welche nicht. Wie gehen Sie damit um?

Verfügbarkeit, Qualität und Aktualität zu gewährleisten, das ist eine Herausforderung. Wir sollten uns aber nicht von Richtlinien treiben lassen, nicht alle Dokumente sollten jedes halbe Jahr überprüft werden. Einen starren Lebenszyklus für Wissen zu etablieren - was veraltet ist, wird erneuert oder kommt weg - in einem so vielseitigen Unternehmen wie der Haufe Group, ist schwierig. Wir fragen stattdessen, was notwendig ist. Dabei sind die Teams mit ihren unterschiedlichen Anforderungen gefragt. Manche blicken nur auf die eigenen Bedürfnisse, sie wollen etwa ihre Teammitglieder up to date halten. Andere haben regulatorische Anforderungen, sie halten ihr Wissen nachweislich aktuell und dokumentieren, wie es angeschaut oder freigegeben wird. Ganz nach unserem Motto. Wissen was kommt. Tun was passt.

Wie können Teams und Mitarbeitende erfolgreich bei diesem Prozess mitmachen?

Im Privaten teilen wir heute selbstverständlich unser Fahrrad, unseren E-Roller, sogar unser Auto. Wir teilen vieles. So sollten wir auch unser Wissen behandeln. Nicht als Element der Alleinstellung von Individuen, sondern als Katalysator für den Teamerfolg. Wenn das jeder Einzelne mitträgt und mit einer Mentalität des Teilens an die Arbeit geht, haben wir einen großen Schritt geschafft. Mit einer solchen Grundhaltung können wir gut in jede Diskussion einsteigen und wir müssen nur noch über das Wie sprechen.

Die positive Grundhaltung zum Teilen fehlt in der Realität leider oft. Was können wir tun?

Wissen beeinflusst Menschen, es macht sie relevant für ihr Team und für ihr Unternehmen. Als Führungskräfte wollen wir intrinsische Motive und Treiber fördern, dementsprechend müssen wir auch den Unwillen zum Teilen verstehen. Hat jemand Angst davor, Relevanz oder Status zu verlieren? Ist es die Sorge vor Aufwand? Sobald ich das Problem verstanden habe, geht es an die Unterstützung. Transkriptionstools helfen, den Schreibaufwand zu verringern. Bei Problemen mit der Dokumentationsform können Mitarbeitende auf einfachere Tools ausweichen oder vordefinierte Standards nutzen. Das gemeinsame Ziel sollte lauten, Wissen zugänglich zu machen. Druck und Zwang können zwar funktionieren, meistens führt das aber nur zu Ablehnung. Das sollten wir vermeiden.

Foto: Haufe Group - „Wissen beeinflusst Menschen, es macht sie relevant für ihr Team und für Ihr Unternehmen“, sagt Andreas Plaul, CIO der Haufe Group.

Wie begleiten Sie Mitarbeitende auf dem Weg zum lebenslangen Lernen?

Wir wollen Dinge möglich machen. Als IT-Team machen wir das aber nicht allein. Auch die Kolleginnen und Kollegen von der Organisationsentwicklung helfen, das Mindset für lebenslanges Lernen zu fördern. Dazu kommt unsere Business Group Learning and Development, mit der wir glücklicherweise die Expertise selbst im Haus haben. Sie besprechen mit den Mitarbeitenden, was sie lernen wollen, welche Ziele sie haben und wie diese Ziele zum Team passen. Die passenden Angebote halten sie oft selbst parat. Wir als IT entscheiden, mit welchen technologischen Hilfsmitteln wir sie dabei unterstützen. Das leisten wir auch für unsere IT-Mitarbeitenden, die sich im Laufe ihres Lebens neues Wissen aneignen und ihre Rollen verändern wollen.


Was ist das Next Big Thing im Wissensmanagement?

In den letzten zwei Jahren haben wir zusammen mit anderen Business Groups der Haufe Group verstärktes Online-Learning etabliert. Statt bei klassischen Tagestrainings wird Wissen eher scheibenweise konsumiert. Plattformen speziell für die IT, wie zum Beispiel Udemy, werden immer stärker genutzt und das wird auch in den nächsten Jahren zunehmen. Des Weiteren werden wir eine übergreifende Unternehmenssuche für Wissen einführen. Ein Google-ähnliches Suchfeld, an das viele und, hoffentlich irgendwann einmal, alle Wissensinseln angebunden sind. Damit wollen wir den Menschen in unserem Unternehmen das Wissen einfach und nach heutigen Gewohnheiten zugänglich machen.

Zum Interviewpartner:
Andreas Plaul steht für eine neue Generation von IT-Führungskräften und ist CIO der Haufe Group, wo er mit seinem Team die Rolle der IT neu definiert. Mit seiner Kolumne "IT als Zoo”, sowie mit Vor- und Beiträgen zu Themen wie Arbeitswelten von Morgen, der Alltag in der IT oder Business driven IT, prägt Andreas Plaul die Diskussion zur modernen Aufgabe des CIOs. Auf neue Ideen kommt er kopfüber beim Bouldern.

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